Februar 2012
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Autsch! Mit unserem Umzug vor knapp zehn Jahren hatten wir von einem auf den anderen Tag mit dem Badminton-Spielen aufgehört. Zuvor in Karlsruhe und Schwetzingen waren wir noch bis zu viermal die Woche auf dem Court zu finden gewesen und hatten in der Wettkampfrunde mitgespielt. Eine erste Analyse der Optionen in Sydney war seinerzeit ernüchternd: Kaum Vereine, lange Wege. Und dann gab es ja so viel anderes zu entdecken und zu tun, und das Wetter war viel zu schön für Hallenaktivitäten.
Zehn Jahre später hat sich einiges geändert: Wir kennen Sydney gut genug, um nicht dauernd Neues ausprobieren zu müssen. Die Anzahl der Badminton-Vereine ist sprunghaft angestiegen, vor allem an den Universitäten, wo viele Asiaten aus den Nachbarländern zu finden sind. Niklas und Jonas Schwimm- und Sportstunde findet ebenfalls an einem universitären Sportinstitut, dem Macquarie University Sports & Aquatic Centre, statt. So erfährt Peter von der dortigen Badminton-Gruppe.
An einem Samstagmorgen packt er also sein Sportzeug, sucht den alten Schläger und ein paar Federbälle. Das Griffband hat sich fast aufgelöst und zerbröselt beim kräftigen Zupacken. Egal, ab ins Auto, und 15 Minuten später steht Peter auf dem Court, ihm gegenüber ein etwa 20-jähriger Asiate.
Es dauert nicht lange, und Peter fühlt sich wieder in seinem Element: Zwar fehlt noch die Puste, die Schlagtechnik ist aber nicht vergessen. Die Bälle werden bis unter das Hallendach in den hintersten Winkel des Spielfeldes geschlagen, Schmetterschläge werden geübt. Dann kommt das Spiel am Netz. Ein besonders gemein gelegter Ball knapp hinter das Netz zwingt Peter zu einem gewaltigen Ausfallschritt aus dem Spielfeldzentrum. Er hört einen peitschenartigen Knall, der rechte Fuss hört nicht mehr auf Befehle, Peter geht in die Knie. Eilig herbeigeschaffte Eiswürfel lindern die einsetzende Schwellung am Knöchel. Schmerzen spürt Peter quasi nicht.
Nachdem Claudia ihn abgeholt und er ein Wochenende mit hochgelegtem Bein auf dem Sofa verbracht hat, konsultiert Peter zu Beginn der Woche seinen Arzt. Der diagnostiziert eine gerissene Achillessehne und lässt Peter, wie kurz danach auch der hinzugezogene Spezialist, zwei Optionen: Zusammenwachsen lassen (mit dem Resultat, dass die Sehne danach etwas länger als zuvor und die Sprungkraft entsprechend schlechter ist) oder Operation. Was die Rahmenparameter angeht — Dauer der Heilung, Gips, ... — sind beide Optionen identisch. Peter entscheidet sich für die operative Variante. Schon am selben Nachmittag ist er unterm Messer.
Am nächsten Tag wird er aus dem Krankenhaus entlassen, am Fuß eine Art Skistiefel, der den Fuß in einer nach unten gedrückten Position fixiert, so dass die Spannung auf dem Band reduziert wird. Auftreten ist streng verboten, und der Skistiefel wird nun für 6 Wochen, genauso wie die Krücken, Peters ständiger Begleiter sein. Da seine Hände somit nicht frei sind, ist Helfen zuhause auf ein Minimum reduziert, und Claudia ist mal wieder die eigentlich Leidtragende ... Was die Arbeit angeht, da richtet sich Peter sein Büro zuhause ein und sieht in den folgenden Monaten seinen Arbeitsplatz in North Sydney nur sporadisch.
Immerhin hat er nun jede Menge Zeit, das Griffband am Badminton-Schläger auszutauschen ...
Silvias Hochzeit. In nunmehr 10 Jahren Australien haben wir es irgendwie geschafft, Hochzeiten aus dem Weg zu gehen. Unsere meisten Freunde sind in unserem Alter, folglich oft schon lange verheiratet. Nur zu Andreas und Ingos Hochzeit im November 2005 waren wir eingeladen. Vielleicht liegt's aber auch an uns ...
Sollte uns tatsächlich irgendein schlechter Ruf vorauseilen, so weiß unsere liebe Freundin Silvia anscheinend nichts davon. Denn schon vor geraumer Zeit hatten sie und ihr Verlobter John uns zu ihrer richtigen australisch-italienischen Hochzeit eingeladen. Und wenn wir schreiben "richtig", so meinen wir "richtig richtig": Denn hier, insbesondere in der italienischen Enklave Sydneys, versteht man es, eine Hochzeit zu feiern! Schon Wochen vor dem eigentlichen Ereignis beginnt die Serie kleinerer Veranstaltungen, die allesamt auf den großen Tag hinführen. Vor allem Claudia ist hier gefordert, denn sie ist gleich zu drei solchen Veranstaltungen eingeladen: Dem "Bridal tea", der "Hen's night", und natürlich der Trauungszeremonie. Bridal tea ist für Claudia ein Novum. Bei Silvias Schwiegereltern ist zu nachmittäglicher Stunde so groß aufgetischt, dass sich die Tische biegen. Was Claudia allerdings nicht wusste: zu diesem Anlass werden der Braut die Geschenke überreicht; Claudia aber steht mit leeren Händen da. Naja, unser Geschenk hätte es sowieso nicht rechtzeitig geschafft. Denn das trudelt erst ganz kurz vor dem Hochzeitstag ein: eine in Deutschland bestellte Originalradierung des Wasserturms in Mannheim, der Stadt, in der Silvia gewohnt und promoviert hatte, und wo sich auch Claudia und Silvia kennengelernt hatten.
Zur Hen's Night, dem Junggesellinnenabschied, sind naturgemäß nur weibliche Gäste erlaubt (die übrigens bei Karaoke und Sekt bis lange in die Nacht feiern). Aber zur Trauungszeremonie gehen wir alle vier. Sie findet im Clarkes Point Reserve statt, genau dort, wo wir nur wenige Wochen zuvor das Silvesterfeuerwerk verfolgt hatten. Die Szenerie ist wie in einem Spielfilm: Auf der Wiese ist, mit Harbour Bridge und Oper im Hintergrund, ein berankter Bogen aufgebaut, auf den ein Teppich zuführt. Links und rechts dieses Läufers stehen fein aufgereiht weiße Stühle. Im Hintergrund begleitet ein Streichertrio die Zeremonie musikalisch. Als Silvia von ihrem Vater den Teppich entlang geführt wird, spring Jonas auf und rennt mit den Worten "ich will ihr nur schnell hallo sagen!" zu ihr. Will er jedenfalls; im letzten Augenblick erwischen wir ihn noch!
Nach der Trauung macht sich die engste Verwandtschaft auf zu einer Hafenrundfahrt. Zeit für uns, nach Hause zu fahren und uns dort für den Höhepunkt der Festivitätenserie vorzubereiten, das große Dinner. Niklas und Jonas bleiben, bewacht von einem Babysitter, diesmal zu Hause, während Claudia und Peter es sich bei einem Mehrgangmenü, Sekt und feinen Weinen in einem Restaurant am Hafen gutgehen lassen. Irgendwann setzt dann Musik ein, und zu späterer Stunde schwingt auch Peter das Tanzbein (man beachte den Singular, der hier sehr wohl angebracht ist). Silvia, John, Euch wünschen wir, dass Euer gemeinsamer Lebensweg so beschwingt und fröhlich weitergeht, wie er begann.
Verkleidet! Längst ist sie da: die Zeit, in der unsere Freizeitaktivitäten von unseren beiden Jüngsten bestimmt werden, nicht mehr von uns. Nicht weiter tragisch, denn zu Niklas und Jonas kleinen Freunden gibt es jeweils Eltern, die in der Regel dann zu unserem Freundes- oder zumindest engeren Bekanntenkreis gehören. Eine Feier zum 5. Geburtstag ist also auch eine Party für Claudia und Peter.
Zu so einer Party sind wir im Februar eingeladen: Fast um die Ecke in unserem Stadtteil feiert Tristan seinen Geburtstag. Seine Eltern Kesma und Theo, ausgewandert aus Südafrika, kennen wir gut von Spielplatz, Schwimmschule, vorigen Feiern.
Das Motto der Party ist "Piraten". Das wird aber nicht so eng gesehen. Niklas und Jonas lieben es, wenn ihre Gesichter bemalt werden. Niklas möchte aber lieber ein Drache sein. Claudia geht mit unseren beiden also Stoffe einkaufen und verbringt einen Nachmittag an der Nähmaschine. Und am Tag der Party holt Peter die Face Painting-Farben aus dem Regal und versucht sich an den beiden kleinen "Leinwänden". Die halten ganz wunderbar still; wenn das Resultat — siehe Bilder — also nicht überzeugt, so liegt das am "Künstler", nicht den Modellen ...
P.S.: Peter wird dem Motto der Feier einigermaßen gerecht: Seine Krücken sind ein fast vollwertiger Ersatz für ein echtes Piraten-Holzbein.