September 2013

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Heinrich im Regen

Regenwald in der Schlucht

Oper im See

Heinrich. Heinrich ist ein Arbeitskollege, mit dem Peter einige Jahre, wenn auch über große Entfernung — Peter war da schon nach Down Under gezogen — zusammengearbeitet hatte. Witzigerweise war Heinrich in der kurzen Zeit zwischen 1997 und 1998, in der auch Claudia für Peters Arbeitgeber gearbeitet hatte, deren Team-Kollege gewesen. Der September 2013 bringt ihn auf einer Geschäftsreise nach Sydney.

Wie viele Geschäftsreisende hängt auch Heinrich noch eine Woche privaten Urlaub an den Aufenthalt an. Wie die meisten Australien-Urlauber macht er im Vorfeld große Pläne, welche Regionen man wie bereisen könne. Und wie alle Sydney-Besucher ist er am Ende ganz einfach zufrieden, "nur" diese Stadt intensiv zu erkunden. Peter hat ihm Unterkunft in unserem Heim angeboten, und so wird Heinrich der erste Übernachtungsgast in unserem Gästezimmer. Ein sehr angenehmer und interessanter dazu. Tags ist er ohnehin in Sydney und Umgebung unterwegs, und an den Abenden hören wir von den Erfahrungen des Tages, lassen die gemeinsame Vergangenheit Revue passieren, oder lauschen Heinrichs Erzählungen vom afrikanischen Malawi, wo er ein Hilfsprojekt aufgesetzt hat, um Kindern eine Schulausbildung zu ermöglichen.

Claudia lässt es sich nicht nehmen, ihm die schönsten Flecken in unserer Nähe zu zeigen, die Wasserarme von Pittwater, den Leuchtturm von Palm Beach. Für einen gemeinsamen Ausflug nimmt sich auch Peter frei, und wir verbringen einen Tag in den Blue Mountains. Unser "Lieblingsprogramm" — Wanderung durch den Grand Canyon gefolgt von Kaffee und Eiskrem in Blackheaths ehemaligem Kino — wird touristisch abgerundet durch einen Besuch bei der Three Sisters-Felsformation und ein Abendessen in Katoomba. Sollte man an sich öfter machen, auch ohne Besuch. Aber mit Heinrich zusammen macht's nochmal mehr Spaß. Heinrich, Du darfst gerne wiederkommen!

Ein "Abfallprodukt" von Heinrichs Besuch ist übrigens eine Reihe von Fotos, die Peter in aller Frühe in Sydney aufnimmt, kurz nachdem er unseren Besucher um halb 5 Uhr morgens am Flughafen abgesetzt hat. Heinrich und er waren entsprechend früh um halb 4 Uhr aufgestanden. Eines der Fotos seht Ihr oben rechts. Manchmal braucht es einfach nur den richtigen Auslöser.

Narrabeen

Dee Why

Neues Leben am Strand. Ein kurzer Exkurs in die Geographie Sydneys.

Australiens größte Stadt liegt an der Ostküste des Kontinents am Pazifischen Ozean. Die Küstenlinie ist hier besonders abwechslungsreich: Sogenannte Headlands, hügelige Landzungen, die an den felsigen Stirnseiten schroff ins Meer abfallen, umrahmen kleine Buchten mit Sandstränden. Am Fuß dieser Headlands sind oft Rock Pools gebaut worden: Die Felsplatten, die den Strand im Norden oder Süden begrenzen, werden als natürlicher Teil einer Umrandung eines Schwimmbeckens genutzt, dessen Rand mit Beton komplettiert wird. Die Gezeiten sorgen für einen natürlichen Wasseraustausch.

Tief ins Landesinnere zieht sich Sydney Harbour, wohl einer der schönsten Naturhäfen der Welt, ehe er nach etwa 20 km langsam in den Paramatta River übergeht. Auf halbem Wege hatten die Gründungsväter Sydneys vor etwas über 200 Jahren die Fundamente der Stadt gelegt, und dort findet sich heute die Innenstadt mit der Oper auf einer Landzunge in den Hafen hinein sowie die mächtige Harbour Bridge, die die Nord- mit der Südhälfte der Stadt verbindet.

Der Hafen, obwohl das Herz der Stadt, ist dennoch gleichzeitig eine Trennlinie. Nur wenige Brücken überspannen ihn. An seinem Eingang im Osten zerteilt der 2 1/2 km breite Hafeneingang die Küstenlinie in die Eastern Suburbs auf der Süd- sowie die Northern Beaches auf der Nordseite. Obwohl die Geographie dieser Stadtbereiche identisch ist, unterscheiden sie sich doch atmosphärisch und demographisch. Vielleicht weil der Flughafen auf der Südseite liegt, vielleicht weil dort die Innenstadt ist, die Strandstadtteile im Süden ziehen magisch Backpacker und damit jüngere Bevölkerungsschichten an: Young urban professionals, kinderlose Paare mit doppeltem Einkommen, die die bunte Restaurant- und Galerie-Szene eines quirligen Gebiets unweit der Stadtmitte zu schätzen wissen. Die Stadtteile an der nördlichen Küstenlinie sind vergleichsweise ruhiger, "gesetzter". Hier wohnen typischerweise Familien mit jungen Kindern. Oft sind die Eltern selbst hier aufgewachsen und in der Gegend geblieben. Sydney fühlt sich weit weg an.

Auch entlang der etwa 35 km langen Küstenlinie im Norden gibt es die unterschiedlichsten Stadtteile. Manly am Südende, am Hafeneingang also, ist dank einer Fährverbindung mit der Innenstadt auch bei "Nicht-Einheimischen" populär und entsprechend frequentiert und lebendig, an heißen Sommerwochenenden hektisch. Dee Why und Mona Vale sind weitere Oberzentren mit kleineren, ruhigeren Stadtteilen dazwischen, ehe weiter im Norden die Künstlerkolonie Avalon und das Millionärsrefugium Palm Beach die Kette der Northern Beaches-Stadtteile beenden. Einer der besagten ruhigen Stadtteile ist unser neues Zuhause. Als die Stadtteilgrenzen gezogen wurden, geschah das wohl am Grünen Tisch: Narrabeen und das südlich anschließende Collaroy mit dem höher gelegenen Collaroy Plateau wurden mit dem Lineal abgeteilt. Unser neues Zuhause, obwohl topographisch ganz klar auf dem Plateau, gehört mit einer Handvoll weiterer Häuser auf dem Höhenzug seither offiziell zu Narrabeen.

Narrabeen wurde von den Beach Boys in ihrem Ohrwurm "Surfin' U.S.A." verewigt:

You'd catch 'em surfin' at Del Mar
Ventura County line
Santa Cruz and Trestle
Australia's Narrabeen
All over Manhattan
And down Doheny Way
Everybody's gone surfin'
Surfin' U.S.A.

Überhaupt ist das Leben hier von Sonne, Strand, Surf geprägt: Die Jugendlichen sind barfuß unterwegs, in den Supermarkt geht man mit Badeschlappen und Bermuda-Shorts, der Handwerker fährt auf seinem Kombi das Surfbrett spazieren, so dass er direkt nach der Arbeit an den Strand kann. Diese Strände zu erkunden, das machen sich Claudia, Niklas und Jonas zur Hauptaufgabe zwischen ihrer Ankunft Ende August und dem Schulstart im Februar. Daneben fordern auch Haus und vor allem Garten, bei unserem Einzug eher eine vernachlässigte Wildnis, etwas Aufmerksamkeit ein. Aber unstrittig sind Delfine und Body Boards, kleine Surfbretter, auf denen man liegt, interessanter. Je nach Gezeit, Wind und Wellen geht man an den tief eingeschnittenen und damit geschützten Strand von Freshwater oder ins türkisblaue, flache Nass von North Curl Curl oder an den Laguneneingang in Narrabeen oder oder oder ... Zwischen September und November migrieren die Wale an Sydney vorbei gen Süden, und wenn so ein Gigant nur wenige hundert Meter vor der Küste springt oder sich spielerisch im Wasser wälzt und mit der Schwanzflosse schlägt, krönt das einen Tag, der ohnehin wie ein Urlaubstag anmutet.