August 2013
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"Franzosen"-Treffen. Ein gefühltes halbes Jahrhundert hatte Claudia ihre Studienfreunde aus Lyonnaiser Zeiten nicht gesehen. Doch dann kam 2011, als der Zufall es wollte, dass unser Deutschlandbesuch in die Zeit des "Franzosen"-Treffens fiel. Nach dem erneuten Wiedersehen in 2012 konnte man getrost davon sprechen, dass eine Tradition wieder auflebte. Folglich ist Claudia auch in 2013 dabei, als für ein Wochenende alle zusammenkommen, um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen, die Höhepunkte des vergangenen Jahres auszutauschen und gemeinsam die Gegend zu erkunden. 2013 ist ein besonderes Jahr, da das gemeinsame Studienjahr 20 Jahre zurück liegt. An sich war daher die Idee gewesen, sich in Lyon zu treffen, wo alles begann. Aber dann einigt man sich auf ein näher liegendes Ziel: Strasbourg im Elsass, denn Frankreich soll es im Jubiläumsjahr schon sein. Und wo Claudia schon mal im Lande ist — und weil sie nicht gar so weit vom Treffpunkt entfernt wohnt —, übernimmt sie die Planung.
Peter ist längst in Sydney und kann dieses Jahr nicht zum Wiedersehen kommen. Wenn er den Überlieferungen glauben darf, so handelt es sich um das heißeste Wochenende des Sommers 2013, als die Freunde in der Jugendherberge Kehl eintreffen. Kehl, denn es liegt durch eine Brücke verbunden genau gegenüber Strasbourg, dessen Jugendherberge sich nicht durch besonderen Service hervorgetan hatte; Anfragen waren schlichtweg ignoriert worden. Kehl hat neben der räumlichen Nähe zur Strasbourger Stadtmitte einen weiteren Vorteil: einen neuen Wasserspielplatz! Städtebauliche Attraktivität, mittelalterliche astronomische Uhr, weltberühmtes Münster können nicht mithalten: Aus den polyglotten Studenten des Jahres 1993 ist eine Elterngeneration geworden mit Kindern, für die die Frage "Kathedrale oder Freibad?" bei über 30 Grad Celsius im nicht vorhandenen Schatten total weltfremd ist!
Für den Samstag Vormittag hat Claudia dann aber doch eine Stadtführung gebucht. Aber selbst sie ist froh, als die vorüber ist und man sich in das kühle Nass zurückziehen kann. Dass Niklas nach seinem Beinbruch nicht gut zu Fuß ist und getragen werden will, macht die Tour über das heiße Kopfsteinpflaster nicht unbedingt erquicklicher.
Naja, schon in den Vorjahren waren die Stadtbesichtigungen eher Rahmenprogramm, um dem Nachwuchs nicht den Eindruck zu vermitteln, dass Mama und Papa den lieben langen Tag schwatzend und Kristallweizen trinkend mit alten Studienfreunden zusammenhocken würden — was sie de facto ja doch tun. Und das ist's ja denn auch, weswegen man die Reise auf sich genommen hat.
Rückkehr der Rasselbande. Kurz vor Monatsende kehren Claudia, Niklas und Jonas "heim" nach Sydney. Heim, das bedeutet ein unbekanntes Haus in einer neuen Umgebung. Man könnte daher meinen, dies sei einschüchternd und würde zum Heimweh nach Deutschland beitragen. Aber ganz im Gegenteil übertüncht die Neugier auf das Neue den Trennungsschmerz. Außerdem wartet ja auch Peter, der 7 Wochen lang nur eine Stimme am Telefon gewesen war. Als der frühmorgens an den Ankunfts-Gates auf seine Lieben wartet, als Claudia, Niklas, Jonas schließlich vor den Milchglastüren auftauchen, als die Kinder ihren Papi entdecken, ihre Gepäckwagen mitten im Wege stehen lassen und zu ihm rennen, als Minuten später Claudia mit 3 Gepäckwagen die Rampe herunterkommt und ihre wiedervereinigte Familie in den Arm nimmt, da fühlt sich unser Deutschlandabenteuer plötzlich ganz weit entfernt an.
Peter hat aber auch alles gemacht, das Einleben zu einem Kinderspiel werden zu lassen. Schon die Fahrt vom Flughafen ins neue Haus wird zu einer Zickzack-Tour entlang der schönsten Flecken, um zu zeigen, was die Gegend zu bieten hat. Und das Erkunden der neuen Vier Wände sowie das Wiedersehen mit vertrauten Gegenständen — für Niklas und Jonas vor allem ihre lange eingelagerten Spielsachen — sind natürlich super-spannend! Peter hat in einem Kraftakt alle Kisten ausgepackt und jeden Raum eingerichtet. Auf Niklas und Jonas warten neue Hochbetten mit Versteckmöglichkeiten darunter. Das Wetter ist sonnig, der Pazifik nicht fern: Die ersten Tage im neuen Umfeld erinnern eher an die ersten Tage an einem neuen Urlaubsziel.
Auch von Peter haben die drei viel mehr als in den Monaten davor: Der muss zwar arbeiten, tut dies aber meist von zu Hause aus. Sydney ist nicht gerade ein Paradebeispiel in Sachen Nahverkehr und Verkehrsplanung. Statt täglich 2 1/2 Stunden für Wege zur und von der Arbeit zu ver(sch)wenden, hat Peter sein Büro einfach ins Untergeschoss unseres Hauses verlagert. Das kommt ganz nebenbei seinen "schrägen" Arbeitszeiten entgegen, frühmorgendlichen Telefonaten mit Amerikas Ostküste, abendlichen mit Europa. Dass die Familie mehr von ihm hat, ist ein angenehmer Nebeneffekt (wobei die Familie nicht gefragt wird ...)