August 2011
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Karlsruhe. Am Tag der Ankunft seiner Lieben checkt Peter in seinem Hotel in Schwetzingen aus und bezieht unser Zuhause für die nächsten vier Wochen: Eine Ferienwohnung in unserer alten Heimat Karlsruhe. Die liegt sehr schön in der Weststadt am Gutenbergplatz, ist freundlich und ansprechend eingerichtet, bietet alle Annehmlichkeiten und tolle Anbindung an das Straßenbahnnetz. Einziges Manko: Sie liegt unter dem Dach im 4. Obergeschoss. Peter wird an diesem Tag neun mal die 84 Stufen hinaufklettern — mal mit seinem Koffer, dann mit den Einkäufen für die ersten Mahlzeiten, mit ausgeliehenen Legosteinen für Niklas und Jonas, mit Niklas und Jonas, mit deren Gepäck, ... Das ersetzt das Fitness-Studio daheim in Sydney.
Wir hatten uns im Vorfeld auf dieses Wiedersehen mit Karlsruhe und unseren vielen Freunden dort gefreut — zurecht, wie sich auch rückblickend sagen lässt. In 2010 hatten Niklas, Jonas und Claudia Peter in seinem Schwetzinger Hotel Gesellschaft geleistet. Das war ganz okay gewesen, aber dieses Jahr muss nicht jede Mahlzeit außer Haus eingenommen werden, und Peters Verwandte, denen dieser "Abstecher" ja auch gilt, sind einfach näher; die Fahrtzeit wird pro Weg um eine halbe Stunde verkürzt.
Stichwort Verwandtschaft: Auch 2011 hält wieder einige Überraschungen für uns bereit. Zum einen können Peters Eltern Gisela und Pico es wieder nicht lassen, extra unseretwegen — naja, streng genommen wegen der Enkel :-) — aus ihrem Rentnerdomizil an Floridas Golfküste anzureisen. Und wenn man denn schon 10.000 km angeflogen ist, murrt man auch nicht mehr über die letzten 84 Stufen :-) Natürlich verbringen Niklas und Jonas, Claudia in ihrem Schlepptau, nun viel Zeit mit Oma und Opa, oft zuhause bei Peters Schwester Anne und Familie, die wiederum jede Menge Spielzeug zur Verfügung stellen.
Als wir 2010 Peters Cousine Anna nebst Andreas und Paul in Berlin besuchten, kamen deren Eltern Wilhelm und Biene extra aus Hamburg angereist, um uns ebenfalls zu sehen. In 2011 legen sie noch ein paar Kilometer drauf und setzen sich für eine große Familienzusammenführung in den Zug nach Baden-Baden. Dort treffen sich an einem Samstagmorgen also vierzehn Kappelmänner und Partner aus drei Generationen an der Merkurbergbahn, um auf Baden-Badens Hausberg zu fahren, dort oben die Aussicht zu genießen, den wagemutigen Gleitschirmfliegern zuzuschauen und schließlich den Abstieg zu Fuß anzugehen. Der gestaltet sich langwieriger als erwartet: Auf dem Weg sind jede Menge Brombeeren zu pflücken, und Jonas und Niklas entdecken schnell, dass Großonkel Wilhelm gar zu willig ist, sie auf den Schultern zu tragen. Klar wird das ausgenutzt!
Wir beschließen den Tag mit einem Barbeque im wiederum gastfreundlichen Zuhause von Anne, Oliver, Rebecca und Annabelle. Welche Überraschung, als plötzlich auch noch Picos und Wilhelms Cousine Hanni in der Tür steht! Die Verlockung, einem so seltenen Familienzusammenkommen beizuwohnen, war zu groß, als dass sie in ihrer Heimat Braunschweig hätte bleiben wollen. Mensch, Hanni, das ist doch Jahrzehnte her, dass wir uns zuletzt gesehen haben! Claudia und die Jungens kennt sie noch gar nicht. Hanni hat sich kein Deut verändert. Fröhlich tratschend sitzen wir bis in den späten Abend beieinander, ehe wir vier "Australier" denn doch die Kinder Richtung Bett fahren müssen. Ausschlafen is' nich': Denn wir treffen uns am Sonntag Morgen zum Frühstück mit Peters Tante Gerda, den Cousins Harald und Andreas sowie deren Familien. Noch ein Wiedersehen, das wir gerne in Erinnerung behalten.
Neben all diesen Treffen mit der Familie bleibt kaum Zeit für die Freunde. Aber mehrfach sind wir bei Jörg eingeladen, sehen Mona und Gerolf im Biergarten wieder, ebenso Elisabeth und Jens und ganz kurz Peters ehemalige Kollegin Stefanie. Wir verbringen einen Abend bei unseren "Ex-Aussies" Bine und Eric, wo Niklas und Jonas Tochter Neles Baumhaus für sich entdecken. Sandra, Heiko, Matilde, Max und Mara laden uns zu Maras drittem Geburtstag zum Grillen ein. Weitere Aktivitäten: Den Durlacher Turmberg besteigen Claudia, Niklas und Jonas — wohlbemerkt zu Fuß! Und die kleine Eisenbahn im Schlossgarten, mit der muss natürlich auch gefahren werden. An einem wunderschönen Samstag paddeln wir mit Oliver, Annabelle und Rebecca auf der Alten Elz bei Riegel. Und manchmal, da ist es ganz einfach schön, daheim in der Wohnung gemütlich mit den von Elisabeth ausgeliehenen Legosteinen zu spielen und sich von der vielen Abwechslung ein wenig zu erholen ...
Überhaupt können Niklas und Jonas von Bahnen nicht genug bekommen: Bahnhofsfest in Altenbecken, mit dem ICE von Lippe nach Karlsruhe, dort jede Menge Straßenbahnfahrten, Turmbergbahn hinunter sowie Merkurbergbahn hinauf. Zu guter Letzt treffen wir uns mit Peters Bruder Christian und Susanne beim Herrenalber Bahnhofsfest — stilecht anreisend mit einer original Eisenbahn mit Dampflok davor. Da ist das bißchen S-Bahn Fahren in Sydney vergleichsweise langweilig ...
"Franzosen"-Treffen in Tecklenburg. Nach einer so langen Episode wie der obigen sollte man glauben, der Monat August sei ausreichend gewürdigt. Weit gefehlt! Für ein Wochenende verlassen wir Karlsruhe und machen uns auf die lange Fahrt in den Osnabrücker Raum, ins historische Städtchen Tecklenburg. Dort treffen sich die "Franzosen", ehemalige Kommilitonen von Claudia, die sie während ihres Auslandssemesters in Lyon kennengelernt hatte.
Obwohl die Truppe sich regelmäßig trifft, hatten Claudia und Peter dank 17.000 km Entfernung seit etwa zehn Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr. Seinerzeit hatten wir ein Wiedersehen im Elsass organisiert. Nun erfahren wir im Vorfeld unseres Deutschlandbesuchs via E-Mail vom Treffen und buchen uns flugs ein; auf 500 km mehr oder weniger kommt es nun wirklich nicht mehr an!
Die Franzosentruppe hat sich seit 2001 quasi verdoppelt: Waren damals noch 2, 3 Kleinkinder beim Treffen dabei, so wuseln sie einem dieses Jahr nur so um die Beine. Entsprechend kindergerecht ist die Bleibe ausgewählt: die Jugendherberge Tecklenburg liegt oberhalb des Städtchens nur wenige Meter unterhalb der Burg. Ein perfekter Flecken für abenteuerlustige Kinder (und deren Eltern). Wir besteigen alte Türme, kraxeln auf den Ruinen. Am Samstagmorgen gibt es eine Führung durch die idyllische und romantische Stadt. Der Tag kingt mit einem "Rittermahl" — gegessen wird ohne Besteck — aus.
Sonntags laden uns Marlene und Hans in ihr relativ nahe gelegenes Zuhause in Osnabrück ein, wo wir bis in den Nachmittag im Garten sitzen, ehe wir vier uns auf die Heimfahrt Richtung Karlsruhe machen. Mal schauen, ob unser Deutschlandbesuch 2012 wiederum mit einem Franzosen-Treffen zusammenfällt.
Heimkehr. Nach so vielen so tollen Wochen in der alten Heimat machen wir uns mit gemischten Gefühlen auf den Weg in die neue. So nah, so intensiv sind die vielen Begegnungen mit vertrauten Gesichtern, dass wir nicht so einfach sagen können, wo unser Zuhause ist. Wir halten uns vor Augen, dass Besuch und dauerhaftes Leben in Deutschland zwei Paar Schuhe sind: Auf Dauer können nicht alle Freunde und Bekannte immer Zeit für uns haben. Auf Dauer können nicht alle Türen (und Kühlschränke) für uns offen stehen. Irgendwann kehrt Normalität ein. Irgendwann werden auch die Tage kürzer, der Sommer verabschiedet sich, die Biergärten schließen. Und nicht vergessen: Auch in Sydney leben viele Menschen, auf die wir uns und die sich auf uns freuen. Wir sollten uns ohnehin glücklich schätzen, dass wir zwei Heimaten haben, die nur eine Tagesreise voneinander entfernt liegen!
Der Heimflug verläuft unspektakulär: Auf dem Weg nach Abu Dhabi hat Jonas einen schlechten Traum und "unterhält" für was sich wie eine Ewigkeit anfühlt die Flugzeugkabine. Und natürlich finden zwei schlafende Kleinkinder es auch wenig erbaulich, wenn sie nach innerer Uhr 4 Uhr morgens für die Zwischenlandung geweckt werden ... (Sie nehmen es trotzdem klaglos und leise hin.) Glücklicherweise gibt es in Abu Dhabi einen Spielplatz mit Bobby Cars, und alle Müdigkeit ist vergessen. Am Ende des folgenden 14-Stundenflugs nach Sydney setzt sich ein älterer Herr, der gerade eine Woche mit seinen Enkeln verbracht hat, zu Claudia und Peter und drückt ihnen seine Hochachtung dafür aus, wie toll sich unsere Kleinen auf dieser Strecke benommen haben. Denn tatsächlich schliefen, spielten, lachten Niklas und Jonas die ganze Zeit!
Zur Belohnung laden die netten Leute unserer Fluglinie V Australia die beiden nach der Landung zu einem Besuch im Cockpit des Airbus A340-600 ein. Welcome to Down Under!
Knapp zwei Stunden später in Turramurra angekommen, zeigt sich unser Haus dank House Sitter David in bester Ordnung. Die Sonne scheint, die Kaffeemaschine brummt bald vielversprechend vor sich hin. Wir schauen den Kakadus beim Trinken aus dem Pool zu, lauschen den gewohnten, aber vergessenen Geräuschen, packen die Koffer aus. Niklas und Jonas entdecken ihre Spielsachen wieder und werden damit viele Tage beschäftigt sein. Vorsichtig denken wir schon mal an Deutschland 2012. Aber nun freuen wir uns auch erst mal auf den Sommer in Sydney!