Februar 2010
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Harvest Hub. Aus einer Abmachung mit Freunden war eine Geschäftsidee geworden: Anton und Jayne, ein cleveres Paar aus dem Norden unseres Stadtteils, waren im Wechsel mit den Nachbarn einmal die Woche zum Großmarkt gefahren, um Obst und Gemüse für alle einzukaufen. Als allen anderen das frühe Aufstehen zu viel wurde, beschlossen die beiden, die Idee aus- und ein Geschäft darauf aufzubauen, eben Harvest Hub. Seither stehen sie werktags um 1 Uhr 30 auf, fahren zum Markt in Sydney-Flemington, beladen einen Lkw mit Frischwaren, sortieren diese in Kisten vor und bringen die dann zu Verteilerknoten, sogenannten "Hubsters". Antons und Jaynes Kunden erhalten dann für einen Fixbetrag eine bunt und zufällig zusammengestellte Kühltasche voller frischer Gemüse, Salate, Obst und Eiern (selbstverständlich von frei laufenden Hühnern).
Seit Oktober bekommen auch wir Obst und Gemüse quasi "angeliefert", denn der nächste Hubster ist nur zwei Autominuten entfernt. Immer Mittwochs ist unser Stadtteil an der Reihe, und am Abend davor bringt Claudia unsere Kühltasche dorthin, um sie am nächsten Morgen voller Überraschungen abzuholen. Ein paar Standardinhalte sind immer enthalten, z.B. Kartoffeln, Zwiebeln, Äpfel, Salat. Aber dann finden sich mal Maiskolben, mal chinesischer Kohl, dann Rote Bete. Passend zur jeweiligen Lieferung werden uns per Email Rezeptvorschläge zugeschickt, die wir dann einfach ausprobieren. Seither ergänzen viele neue Leckereien unseren Speiseplan. Schon mal Rote-Bete-Suppe auf thailändische Art probiert? Mit Kokosmilch, Limonengras und Kafirblättern? Mmh, lecker!
Im Februar geht Claudia einen Schritt weiter und wird selbst Hubster, nachdem ein anderer weggezogen war. Immer mittwochs steht sie nun kurz vor sechs auf, nimmt von Jayne und Anton die Lieferung entgegen und verteilt anschließend all diese Frischwaren in die Kühltaschen, die die Nachbarn tags zuvor brav in unserem Carport abgestellt hatten. Eine gute halbe Stunde nimmt das in Anspruch, und als Lohn dafür bekommt sie unseren Warenkorb der Woche umsonst. Kein schlechtes Abkommen! Frischer, preiswerter und einfacher geht's nicht.
Playdays. Was das Bureau of Meteorology (BoM), der australische Wetterdienst, als "zeitweise Schauer" ankündigt, entpuppt sich als tagelanger Dauerregen mit sintflutartigen Episoden. Bei Browns Waterhole, dem Bachlauf in unserem Nationalpark, steigt der Wasserstand um bis zu sechs Meter, wenn die ablaufenden Regenfälle durch das enge Tal schießen. Unsere Wäsche trocknet nicht mal mehr im Haus, und selbst die Terrassenmöbel aus Plastik zeigen Stockflecken. Was macht man da mit zwei hyperaktiven Kleinkindern, die ihre neu entdeckten Lauffähigkeiten austesten möchten? Morgens geht's fast immer in die Kinderkrippe des Fitness-Clubs. Doch danach?
Christy und Haydn erzählen uns von einem "Indoor-Spielplatz". Pfiffige Leute sind auf die Idee gekommen, eine ehemalige Tennishalle mit Rutschen, Plastikhäusern, Hüpfburgen, jeder Menge Schaumstoffwürfel sowie noch mehr Plastikbällen vollzustopfen und gegen einen geringen Eintrittspreis geplagten Eltern obige "Was tun?"-Frage zu beantworten. Und natürlich gibt's für die Großen Kaffee und Sandwiches. Da lassen wir uns nicht zweimal bitten und verbringen einen abwechslungsreichen und für die Lütten ermüdenden Sonntagvormittag bei Playdays. Trocken bleiben wir auch — was will man mehr?
Bemerkung am Rande: Es stellt sich heraus, dass einer der besagten "pfiffigen Leute" ein ehemaliger Kollege von Peter ist. Heute betreibt er also eine Playdays-Niederlassung. Statt Software Support nun Kinderrutschen: Ein für Australien nicht untypischer Karrierewechsel.
Zahlenspiele. Da Jonas bei Playdays zu sehr zappelte, gab es oben nur ein Foto von Niklas. Aus Gründen der Ausgewogenheit liefern wir hier eines von Jonas nach. Der ist mittlerweile, wo die beiden gut eineinhalb Jahre zählen, übrigens fast drei Zentimeter größer als sein "großer" Bruder. Schon bei der Geburt hatte er einen Zentimeter Vorsprung, was ihn von vorneherein auf eine andere durchschnittliche Wachstumskurve brachte. Diese statistische Annahme scheint sich nun zu bewahrheiten. Auch was das Gewicht angeht, liegt er um etwa eineinhalb Kilo vorne.
Paffchens. Hatten wir vor Jahren noch erwartungsvoll auf den Tag gewartet, an dem der Nachwuchs unserer Wasserdrachendame Paff aus den Eiern schlüpfen würde, so haben wir dafür heutzutage keine Zeit mehr: Claudias Bemerkung irgendwann Ende 2009, dass sie Paff habe buddeln sehen, geht fast völlig unter. Entsprechend überrascht sind wir, als wir bei unserer Rückkehr von einem Sonntagsausflug Mitte Februar gleich fünf winzige Wasserdrachen an unserem Pool vorfinden. Von Nasen- zu Schwanzspitze gerade mal etwas über zehn Zentimeter "groß" — zum Vergleich: Paff misst 75cm — sind die Winzlinge dennoch schon so agil wie die Mama: In den nächsten Tagen finden wir immer mal wieder einen aus der Truppe vor der Terrassentür oder in einem Baum sitzend. Ein Rätsel, wie sie den Höhenunterschied meistern. Unsere Annäherungsversuche beantworten sie jeweils mit kurzen Zwischensprints, denen wir mit der Fotolinse unmöglich folgen können.
Irgendwann kommt es aber wie schon in 2007: Die Kleinen sind flügge geworden und überlassen das Territorium wieder der Frau Mama. Denn Wasserdrachen teilen sich ihren Pool nicht gerne mit anderen.
Currarong-Wochenende. Am 20. und 21. Februar veranstaltet unser Seekajak-Club ein Weiterbildungswochenende für Tripführer und Trainer. Da Claudia zu dieser Gruppe gehört — Peter kümmert sich übrigens seit Jahren um die Webseite des Clubs —, packen wir Kind und Kegel, um zum ersten Mal mit Niklas und Jonas campen zu gehen. Dazu haben wir uns von eingelösten Vielfliegerpunkten extra ein größeres Zelt zugelegt, das angeblich bis zu zehn Personen ein Nachtlager bieten kann; wir nennen es daher liebevoll "Modell Mutterschiff". Nach 260km Fahrt in die Jervis Bay-Region südlich von Sydney stellen wir am Zielort Currarong fest, dass der Club drei Strandhäuser auf dem Campingplatz reserviert hat. Die Nähe zu Mikrowelle und Kühlschrank erweist sich als zu verlockend: "Mutterschiff" bleibt im Kofferraum, und wir beziehen ein Zimmer mit zwei Etagenbetten.
Das Wochenende strotzt nur so von Zum-ersten-Mals: Zum ersten Mal eine so lange Autofahrt (die dank geschickten Timings erstaunlich undramatisch über die Bühne geht). Zum ersten Mal Übernachten in fremden Betten — ohne Geländer! —, aus denen die Lütten prompt herausfallen. Natürlich hatten wir mit dem Schlimmsten gerechnet und den Boden mit Steppdecken gepolstert. Niklas und Jonas schlafen daher nach ihrem jeweiligen Sturz einfach weiter. Nur Claudia und Peter werden durch den lauten Plumps wach ... Und, zwar nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal nach langer Zeit, ein Wochenende, an dem Peter die Aufsicht übernimmt. Während Claudia also die sonnigen Spätsommertage im Seminarraum bei Clubregularien und Erste-Hilfe-Szenarien verbringt, packen die drei Männer Kinderwagen, Schäufelchen, Eimer und Leckereien, um den Strand unsicher zu machen. Dort endet ein schmales und flaches Flüsschen im Meer, und dessen sandberandete Mündung ist ein perfekter und weitgehend sicherer Kinderspielplatz. Jonas versucht dennoch mehrfach, durch Sturz in die Fluten Selbstmord zu begehen. Niklas dagegen ist, vermutlich wegen einer Erkältung, die ihm zu schaffen macht, deutlich zurückhaltender und bleibt am Strand — wo er doch Wasser normalerweise so liebt! Naja, das macht dem Herrn Papa das Leben etwas leichter. Zum Fotographieren kommt der trotzdem nicht ...
Die Erfahrungen des Wochenendes sind so positiv, dass wir die Woche darauf wieder Badesachen und Picknick einpacken und an den Strand in Sydneys Stadtteil Clontarf fahren. Der liegt auf der geschützten Hafenseite, ganz ohne Wellen. Dort ist das Verhältnis Kinder zu Erwachsenen eins zu eins, so dass Peter in einer (relativ) ruhigen Minute nebenstehende Bilder aufnehmen kann.