Dezember 2012
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Abschied. Der Dezember ist der Monat, in dem unsere lange geschmiedeten und intensiv vorbereiteten Pläne Realität werden. Unser neues Haus wird übernommen — wenn auch sofort wieder an die vorigen Eigner vermietet —, das alte in neue Hände übergeben. Während ersteres vor allem viel administrativen Aufwand mit sich gebracht hatte — Finanzierungsfragen, Gespräche mit Anwälten und Notaren —, erfordert letzteres viel kräftiges Zupacken. Claudia beginnt bereits Mitte November damit, die ersten Kisten zu packen. Sie macht sich an die undankbare Aufgabe, vor allem diejenigen Ecken zu durchforsten, die man gerne bis zum Schluss vor sich herschiebt: Keller- und Vorratsräume. Vieles wandert in den Müll oder zu wohltätigen Einrichtungen. Kleidung, aus der Niklas und Jonas herausgewachsen sind, wird an liebe Freunde weitergegeben. Dinge, die sich schwerlich für ein halbes Jahr werden einlagern lassen, finden ein temporäres Zuhause. So bekommt Rhonda zum Beispiel unsere Topfpflanzen, Hans die beiden Kajaks. Vanessa und Robert sind die eigentlichen Leidtragenden: Bei ihnen stellen wir Fahrräder, Farben und sonstige Chemikalien, noch mehr Pflanzen unter. Und bei ihnen wird im Juli 2013 auch eine Kiste auf Peter warten, in der die Dinge für die ersten Tage zurück in Sydney zu finden sind: Putzmittel für das neue Haus, Schlafsack, Luftmatratze und Handtuch, Teller und Besteck.
Der anstehende Abschied von unserem Zuhause wird uns noch richtig schwer gemacht: Bei der Heimkehr von einem abendlichen Ausflug warten in der Angophora in unserer Einfahrt eine Possum-Mami mit neugierigem Nachwuchs auf uns und beäugen uns minutenlang. Wenige Tage später haben wir einen handzahmen Kookaburra auf unserem Geländer, der sich füttern lässt. Und zwei Tage vor dem Auszug schauen unsere lieben Nachbarn bei uns vorbei. Dabei entsteht das Foto oben, ganz ähnlich einem vor Jahren gemachten. Nur Niklas und Jonas sind in dieser verschworenen Gemeinschaft neu dabei. Wir alle werden Marion und Geoff, Joanne und Michael, Dorothee und Bruno sehr vermissen.
Möbelpacker. Einen Tag nach Claudias Geburtstag rollen pünktlich morgens um halb 8 die Möbelpacker an. Es wird sie (inklusive einiger kurzer Pausen) 7 Stunden kosten, unser Hab und Gut aus dem Haus zu räumen. Jede Kiste, jede Stehlampe, jeder Tisch wird inventarisiert und bekommt eine Nummer. Obwohl sich unsere 4 Esszimmer- sowie die 8 Terrassenstühle je eine Nummer teilen müssen, kommen wir am Ende auf die stolze Zahl von 237 Posten. All diese verschwinden in 4 riesigen Holz-Containern, die passgenau auf dem Lkw stehen. Diese Container werden am Zwischenziel der Reise mit Gabelstaplern ins Lagerhaus gestellt, so dass unser Besitz nicht ein zweites Mal einzeln umgeladen werden muss. Mitte Juli 2013 werden dieselben Container nach Narrabeen gebracht und dort wieder in 237 Einzelposten ins neue Haus gebracht werden.
Während unsere fleißigen Helfer Kisten und Möbel tragen, reinigen Claudia und Peter jeden Raum, sobald er leer geworden ist. Kurz vor Ende des Prozedere zeichnet sich ab, dass wir einen Tick zu viel Inhalt für 4 Container haben, und ein weiterer Lkw bringt noch einen fünften vorbei. Dann ist's geschafft: Möbelpacker, Laster, Container und 237 Einzelposten verschwinden Richtung Lagerhaus, wir wischen noch die wenigen verbleibenden Flecken und springen ein letztes Mal in unseren Pool. Da wird einem schon wehmütig. Genauso beim Blick in das Haus, das vor kurzem noch unser Heim war, nun aber nur eine leere Hülle ist. Peter dreht sich auf dem Weg zum Auto gar nicht mehr um.
Glücklicherweise findet am selben Nachmittag die finale Abnahme unseres neuen Hauses statt. Wir holen also Niklas und Jonas im Kindergarten ab und fahren nach Narrabeen, wo uns die Maklerinnen schon erwarten. Beim Streifzug durch unser künftiges Zuhause und beim Blick vom Balkon auf Meer und Lagune sind Gedanken an Turramurra schnell verdrängt. Und anschließend sitzen wir beim Abendessen in einem Restaurant am Strand und schauen den Joggern und Ruderern zu. Die Aussicht, dies in nicht gar zu ferner Zukunft tagtäglich haben zu können, hebt unsere Laune dann vollends. Trotzdem ist's nicht zu leugnen, dass die Zeit in Turramurra eine zwar nicht immer einfache, unter dem Strich aber sehr schöne und prägende war. Unser erstes eigenes Haus, dessen jeden Winkel wir (auch dank der vielen Renovierungsarbeiten) bestens kannten, Niklas und Jonas erstes Zuhause, der enge Zusammenhalt in der Nachbarschaft — dies alles werden wir nie vergessen.
Tage in Narrabeen. Nach dem Auszug gilt es, 3 weitere Tage in Sydney zu überbrücken. Wir quartieren uns in einem Häuschen auf dem Campingplatz in unserem künftigen Stadtteil Narrabeen ein. Peter arbeitet weiterhin; darüber hinaus findet aber das Settlement statt, die juristisch offizielle Überschreibung eines Hauses an den neuen Eigner. In unserem Fall hatten wir von Anfang an alles so geplant, dass Settlement für unser altes und für das neue Haus am selben Tag stattfinden. Wir selbst sind nur am Rande involviert; im Hintergrund ziehen Vertreter der Banken und Anwälte (sog. Solicitor) aller beteiligten Käufer und Verkäufer die Strippen. Um 14 Uhr 30 an einem Tag Mitte Dezember sollen sie alle zusammen an einem Tisch und sitzen und Schecks über den Tisch schieben.
15 Minuten vor diesem Termin fällt schließlich auf, dass unsere Geburtsdaten nirgends vermerkt sind, und unser Solicitor Maina versucht fieberhaft, uns zu erreichen. Glücklicherweise kehrt Claudia vorzeitig von einem (Handy-losen) Ausflug an den Strand zurück, um die entgangenen Anrufe vorzufinden und eiligst zu beantworten. Als dann der erlösende Anruf kommt, dass alles glatt über die Bühne gegangen sei, darf eine Flasche Sekt entkorkt werden.
Gerade rechtzeitig dazu sind Jutta und Thilo angereist, entfernte Verwandte von Claudia. Die beiden sind seit Juli auf Weltreise und just in diesen Tagen (über Südamerika und Neuseeland) in Sydney gelandet. Der Hausschlüssel für unser neues Heim ist gerade erst 5 Minuten in unserem Besitz, als die beiden sich zu uns gesellen. Wir verbringen einen Abend bei angeregter Unterhaltung und deutschen Leckereien auf einer Picknickanlage nahe am Campingplatz mit Blick über Surf und Sand. Deutsche Leckereien? Ja, nur wenige hundert Meter entfernt hat "Brot & Wurst" sein Zuhause, eine deutsche Bäckerei und Metzgerei. Hier decken wir uns in Vorbereitung für unser Abenteuer mit Schwarzwälder Schinken und Brezeln ein. Deutschland kann kommen!
Wer ist der Kerl mit der orange-roten Nase?
Auf Opa rodelt's sich besonders gut
Kritisch: War das Christkind auch gut zu uns?
White before Christmas. Mitte Dezember landen wir in Frankfurt, wo uns Claudias Schwester Petra abholt und zu ihren Eltern Elke und Siegfried vier Stunden weiter nördlich bringt. Der Schnee, der Deutschland überraschend schon Mitte Dezember bedeckt hatte — im Allgäu war in einer Nacht fast ein Meter gefallen —, ist "pünktlich" geschmolzen, und am Straßenrand liegen nur noch ein paar kümmerliche, verharschte und graue Häufchen. Trotzdem machen sich Niklas und Jonas begeistert daran, diese mit ihren kleinen Schneeschiebern, Geschenken von Oma und Opa, beiseite zu schieben.
Die Reise war anstrengend — diesmal führte sie uns via San Francisco und dauerte entsprechend länger —, so dass wir die ersten Tage einfach mit Ausspannen und Akklimatisieren verbringen und uns am Wiedersehen mit der Familie freuen. Auch Peters Eltern Gisela und Pico, gerade erst aus Florida angereist, verbringen einige Tage bei Elke und Siegfried, und Jonas und Niklas werden von der geballten Großelternschaft umsorgt. Sehr zur Freude von Claudia und Peter, die somit Zeit finden, ein Auto für den langen Aufenthalt zu kaufen.
Einige Tage vor Weihnachten fällt dann über Nacht etwas Neuschnee. Für anspruchsvollere Naturen nicht genug, denn überall blinzelt die Erde noch hindurch. Jonas und Niklas aber, die Schnee nur vom Hörensagen kennen, finden's toll: Im Garten wird alles zusammengeschaufelt, was weiß und nasskalt ist, und ein Schneemann wird gebaut. Dass daraufhin drumherum alles wieder grün ist, spielt keine Rolle. Claudia schnappt sich die beiden außerdem und sucht im Wald eine Rodelstrecke. Richtig viel Spaß haben wir alle aber erst tags darauf, als wir auf den Köterberg hinauf fahren, wo die Schneedecke das entscheidende Bisschen dichter und Rodeln entsprechend spaßiger ist.
Rechtzeitig zum Weihnachtsfest ist die weiße "Pracht" natürlich getaut. White Christmas gibt es eben doch nur auf Kalenderblättern. Wir nehmen's gelassen und verbringen ein paar schöne Feiertage bei gutem Essen in geselliger Runde. Und Jonas und Niklas hätten dem Schlitten in Anbetracht der spannenden Geschenke unter dem Weihnachtsbaum sowieso keine Beachtung mehr geschenkt ... Schnee wird es dann hoffentlich irgendwann diesen Winter weiter südlich geben, wohin wir uns im Anschluss an die Festivitäten aufmachen. In Karlsruhe beziehen wir unser Zuhause für das nächste halbe Jahr. Unser "Abenteuer Deutschland 2013" hat begonnen!