November 2011

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Man kann auch auf dem Kopf hüpfen!

Trampolin. Wer beim Lesen unserer Sandkastengeschichte vom September 2011 ungläubig den Kopf schüttelte, wie man seine Gesundheit wegen eines Kinderspielplatzes auf's Spiel setzen kann, der lese lieber nicht weiter. Denn im November findet die Episode eine mindestens genauso rückenunfreundliche Fortsetzung ...

1208 m2, in Worten: eintausendzweihundertundacht Quadratmeter, misst unser Grundstück. Da sollte man meinen, es sei ein leichtes, irgendwo ein Trampolin für Jonas und Niklas aufzubauen. Denn ein solches hat Claudia, eBay sei Dank, günstig erstanden. Doch weit gefehlt: Unser Heim liegt auf einer Klippe oberhalb des Lane Cove Nationalparks, und bis auf Haus, Carport und Swimming Pool-Ebene ist das gesamte Grundstück abschüssig — und zwar nicht nur ein wenig. Zwar gibt es am unteren Rand, da wo unser Grund und Boden in den Nationalpark übergeht, tatsächlich einen Streifen von ca. 30 auf 5 Meter, der leidlich eben ist; aber unsere Kleinen dort spielen zu lassen hieße, sie den "üblichen" Gefahren Australiens auszusetzen: giftige Schlangen, giftige Spinnen, blutrünstige Egel, mörderische Possums. Gebt's zu, das ist doch die landläufige Meinung über Down Under, oder? Vor allem aber wären Niklas und Jonas dort außer Sicht.

Neben der Wäschespinne finden sich schließlich vier Quadratmeter, die einigermaßen eben und geeignet sind, wenn man die daneben liegende Stufe irgendwie auffüllt. Gesagt, getan: Peter wuchtet zehn Betonplatten, die ein Schattendasein am Nationalparksrand führen (und anscheinend von einer lange zurück liegenden Bautätigkeit an unserem Haus herrühren) durch Wildwuchs und über provisorische Stufen an besagte Stelle. Claudia buddelt gleichzeitig Löcher in das leichte Gefälle. Mit der Wasserwaage wird das Resultat geprüft und nachgebessert, bis alles im Lot ist. Was hier in zwei, drei Sätzen beschrieben wird, zieht sich de facto über einen halben Tag hin.

Der Rest ist vergleichsweise "Kür": Gefühlte hundert Federn, mittels derer das Sprungtuch befestigt wird, sind mit Brachialgewalt in den Rahmen einzuhängen. Anschließend wird zaunähnlich ein Sicherheitsnetz um die Fläche gespannt — wieder scheint es, als wäre der Stoff einen halben Meter zu kurz ... Niklas und Jonas schauen interessiert zu und vertreiben sich die Zeit mit dem Verstecken von Zubehörteilen und Werkzeug. Doch irgendwann ist das Werk vollbracht, und der Spaßfaktor ist dem des Sandkastens allemal ähnlich. Die Fotos können das bezeugen, nicht wahr?

Bademeister

Sommer, Sonne, Strand. Mitte November wird der Winter endgültig von einem sonnigen, warmen Frühsommer abgelöst. Nun mag der hiesige Winter kein echter Winter im deutschen Sinne sein — wer mag, kann einen alten Sonderbericht "Winter in Sydney" lesen —, aber er ist Winter genug, dass man ihm nach Deutschland entflieht und sich auf längere Tage freut. Wir nutzen einen unverplanten Samstag für einen Besuch in unserem Lieblingsküstenstadtteil Dee Why.

Auch nach knapp zehn Jahren in Sydney fällt uns der eklatante Unterschied auf, wie man in Europa und Australien mit dem Gut "Strand" umgeht. Australien ist nicht nur Kontinent und Staat, sondern auch eine Insel, ergo umgeben von Wasser. Bei gut und gerne 20.000 km Küstenlinie ist der Umgang der Aussies damit viel natürlicher. Strand ist einfach eine Selbstverständlichkeit, nichts, wofür man in den kostbaren Sommerferien 700 km fahren müsste, bis man mit einem lauten "ooh!" das ersehnte glitzernde Blau am Horizont auftauchen sieht. Strand liegt hier vor der Haustür, und selbst an heißen Tagen geht nicht automatisch jeder Australier ans Wasser.

An diesem Samstag sind, obwohl wir nicht ganz früh dran sind, anfangs mehr Rettungswächter als Badegäste an Dee Why Beach. Erst im Laufe des Tages füllt es sich. Aber nie in dem Maße, wie das an Riviera oder Adria der Fall wäre. Wir schütteln in Gedanken den Kopf, wie man Sardinen ähnlich Reih' an Reih', Handtuch an Handtuch am Strand liegen kann und dafür auch noch 10 Euro am Tag zahlt! Hier ist es um die rot-gelben Flaggen der Rettungsschwimmer, dort, wo man mit kleinen Kindern ins Wasser geht, etwas voller. Aber nur 100 Meter weiter liegen die Badegäste mit jeder Menge Platz locker über den Strand verteilt. Und dies ist einer der Hauptstrände der 4 1/2 Millionen-Metropole Sydney!

Ihr seht, wir sind verwöhnt! :-)

An diesem Tag ist es in Dee Why vergleichsweise voll, weil ein Wettkampf der Rettungskräfte stattfindet. Die Surf Life Saving Clubs sind in Down Under eine Institution mit der Bedeutung der Kegelvereine in Deutschland. Strandleben, Schwimmen, Rettungsschwimmen sind tief verwurzelt in der Mentalität der Australier. An diesem Tag sind also jede Menge Ruderboote zu bewundern, die nach dem Startschuss ins Wasser bugsiert werden. Die Besatzung von vier Ruderern und Steuermann/Steuerfrau springt hinein, rudert bis zu einer Wendemarke etwa einen halben Kilometer draußen, und kehrt dann zurück. Immer hoffend, irgendwie eine Welle zu erwischen, auf der man über die Ziellinie surfen kann.

In grauer Vorzeit waren diese Boote essentiell, wenn es galt, Ertrinkende weit draußen zu retten. Heutzutage sind sie abgelöst worden durch Jet Skis, motorisierte Schlauchboote und Surfbretter. Den Ruderbooten bleibt die Rolle eines Sport- und Wettkampfgeräts. Entsprechend hochgezüchtet sind sie, wie Peter feststellt, als er ein paar Fotos aus der Nähe aufnimmt. Holz wurde durch moderne Verbundwerkstoffe abgelöst, und die armdicken Ruder zeigen die Flechtstruktur von Karbon-Kevlar, die wir von unseren Kajakpaddeln kennen. Rechnet man den Preis eines solchen Paddels hoch auf die Dimension des viel voluminöseren Ruders, so muss ein solches um die $2000 kosten. Die Boote sind folgerichtig vollgepflastert mit Aufklebern der Sponsoren. Eine Zeltstadt am Strand vervollständigt die Ähnlichkeit zur Formel-1, ebenso die Vielzahl der Frauen in knapp geschnittenen Badeanzügen ...

Aber all das interessiert uns gar nicht — jedenfalls nicht alle —, wo doch Wasser und Sandburgenbau locken! Schaufeln und Eimerchen "wohnen" zu dieser Jahreszeit quasi im Auto, Badehosen und Handtücher selbstredend auch. Haben wir Euch schon erzählt, dass Niklas und Jonas echte Wasserratten sind?

Der Tag wird abgerundet mit Abendessen im Newport Arms Hotel, wohl dem Pub in Sydney, der einem deutschen Biergarten am nächsten kommt. Wir essen Salate, Fisch & Chips. Niklas und Jonas vergnügen sich auf einem der Spielplätze, Claudia und Peter genießen die Abendstimmung: Auf der anderen Seite der Pittwater Bay mit ihren hunderten von ankernden Segelbooten nähert sich die Sonne langsam den Hügelketten des Ku-ring-gai Chase Nationalparks.

Nach diesem kleinen Bericht erwarten wir nun, dass sich die Warteliste für unser Gästezimmer schnell auffüllt. :-)

Australisches Freibad

Camping am Colo River. Eine Woche vor Ankunft von Peters Eltern (mehr dazu weiter unten) entfliehen wir noch einmal in die Wildnis. Vom Upper Colo River hatten Freunde uns erzählt, der Abgeschiedenheit und landschaftlichen Schönheit. Wir packen unsere übliche Campingausrüstung ins Auto — da man an den Campingplatz heranfahren kann, kommen großes Zelt und Kühlbox voller Leckereien mit — und packen noch die Luftmatratze oben drauf. Eine der Hauptbeschäftigungen am Colo River besteht nämlich wohl darin, sich gemütlich auf dem Fluß treiben zu lassen.

Die Colo River-Region liegt hinter dem historischen Vorort Windsor Richtung Blue Mountains im Westen. Es ist ein heißes Wochenende, die Vorhersage für die Stadtmitte spricht von 30°, und hier im Westen ist es nochmals gut 5° wärmer. Kaum angekommen, können wir es kaum abwarten, ans Wasser zu kommen. Doch zuerst sind Mittagessen bzw. Zeltaufbau angesagt. Sonst werden Niklas und Jonas bzw. Claudia und Peter quengelig ...

Tatsächlich ist's wie versprochen, und wir verbringen die meiste Zeit am und im Wasser. Der Colo River kommt zwar aus den Bergen, hat aber, als er an unserem Campingplatz vorbeifließt, bereits viele Kilometer hinter sich, in denen er nur knietief ist. Wie bei einer Solaranlage ist das Wasser entsprechend warm; wir schätzen es auf 30°. Perfekt für Jonas und Niklas, die wir unbesorgt planschen lassen können.

Überhaupt ist die Atmosphäre am Fluss wie in einem Freibad. Leider hat die Abgeschiedenheit des Colo River andere Besucher nicht abgehalten, sich hierhin auf den Weg zu machen ... — und Schlauchboote sowie Radios einzupacken. Auch auf dem Campingplatz ist ein anderes Völkchen zuhause als in The Basin, das nur vom Wasser aus zugänglich ist. Wahre Zeltburgen sind da zu finden mit jeglichem Komfort, den man sich vorstellen kann. Es fehlt nur noch die Waschmaschine ... :-)

Das ist einer der Gründe, warum The Basin unser Lieblingsziel bleiben wird. Am Colo River sehen wir keine Wallabies oder Laze Monitors, die Waschräume sind dunkel und etwas vergessen, und barfuß zu laufen macht wegen der vielen stacheligen Bindis auch keinen rechten Spaß. Nicht dass hier ein falscher Eindruck aufkommt, definitiv kein verlorenes Wochenende! Wir sind nur, oben konntet Ihr es lesen, sehr verwöhnt! :-)

Auf dem Rückweg machen wir noch eine skurrile Entdeckung. Liegt doch an der Straße, die sich ungeteert durch Weideland voller Pferde schlängelt, ein Haus, das mit einem handgemalten Schild "Frische Kuchen" auf sich aufmerksam macht. Da Mittagszeit ist, kehren wir kurzerhand ein. Auch weil uns der deutsche Name "Feriendorf" neugierig macht und ein voller Parkplatz gute Qualität verspricht.

Was wie ein Restaurant wirkte, entpuppt sich tatsächlich als Vereinsheim einer Vereinigung von Deutschen im Raum Sydney. Aber obwohl wir keine Mitglieder sind und unser Erscheinen für beide Seiten eine ziemliche Überraschung darstellt, scheint genug Essen vorbereitet zu sein, dass man uns herzlich willkommen heißt. Gegen ein kleines Entgeld bedienen wir uns am Buffet, das aus Anlass der kürzlich fertig gestellten Renovierung des Hauses aufgebaut ist. Nur schade, dass wir auf Kaffee und (bestimmt selbst gebackenen) Kuchen verzichten müssen, weil Niklas und Jonas vor Erschöpfung schier am Tisch einschlafen. Na gut, so sind wir wenigstens so früh zuhause, dass nachmittags alles wieder weggepackt ist und das Wochenende stressfrei zu Ende gehen kann. Kuchen gibt's dann beim nächsten Besuch am Colo.

Australiens Antwort auf die Nordmanntanne

Gisela und Pico kommen an. Kurz vor Monatsende besuchen uns Peters Eltern. Diesmal werden sie bis in den späten Januar bleiben. Kaum angekommen, werden die beiden von Niklas und Jonas mit Beschlag belegt: Großelterntag im Kindergarten, Schwimmschule — überall müssen Oma und Opa mit. Außerdem will natürlich der Weihnachtsbaum — australisch stilecht Plastik — aufgestellt und dekoriert werden. Claudia und Peter beschert der Besuch u.a. etwas mehr Nachtschlaf, da es so viel spannender ist, morgens bei den Großeltern ins Bett zu hüpfen, statt bei den Eltern unter die Decke zu schlüpfen.

Auch andere freuen sich über unseren Besuch: Gleich am ersten Abend landet ein Kookaburra neben Picos Teller, schnappt sich ein Lammsteak und fliegt mit seiner Beute in den nächsten Baum. Bald danach hören wir das typische Lachen des Vogels. Pico ist etwas weniger amüsiert ...

Claudia will den Besuch und die damit verbundene Entlastung und Freiheit nutzen, um Anfang Januar ein paar Tage lang mit dem Kajak unterwegs zu sein. Ansonsten sind derzeit keine großen Aktivitäten geplant. Aber das kann sich natürlich schnell ändern. Wir halten Euch auf dem Laufenden.