Oktober 2011
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Laternen. Zwei Dreijährige wollen unterhalten sein. Nun, wo ihre Motorik besser ausgeprägt ist und Kraft nicht nur zerstörerisch eingesetzt wird, beginnen wir mit Bastelarbeiten. Nicht, dass das so ohne weiteres ginge. Schon das Einkaufen ist ein Erlebnis an sich: Geht man in der festen Absicht, Material zum Verzieren von Bilderrahmen zu kaufen, im den Laden, so verlässt man ihn 1 1/2 Stunden später mit Glasperlen und Schnüren für Halsketten. Oder, wie Anfang Oktober, die geplanten Drachen mutieren in Laternen ...
Jonas, Niklas und Peter kommen also mit halbtransparentem Papier sowie Pappe für Boden und Deckel nach Hause. Die übrigen "Zutaten" finden sich dort: Wir schneiden Sonnen (zwei), Monde (zwei) und Sterne (zwei ...) aus Papier und kleben sie als Silhouetten zwischen das gefaltete Transparentpapier. Nun kommt die für Niklas und Jonas schwierigste Aufgabe: Geduld zeigen! Denn weiter arbeiten sollte man erst, wenn der Klebstoff getrocknet ist. Aber macht das mal zwei Dreijährigen klar! Nach einer gefühlten Ewigkeit werden Löcher in die Pappdeckel geschnitten und das Papier zwischen Boden und Deckel eingepasst. Noch Draht im Keller geholt, Löcher gebohrt, den Draht hindurchgefädelt und verdrillt — fertig sind zwei Laternen. Auf nach draussen, anzünden!
Was Peter allerdings vergessen hatte: Just in den frühen Morgenstunden dieses Tages hatte Australien auf Sommerzeit umgestellt, die Sonne geht eine Stunde später unter zu einer Zeit, zu der Niklas und Jonas an sich schon im Bett sein sollten. An sich, denn natürlich ist heute alles anders. Stolz wie Oskar dürfen unsere beiden bei Einbruch der Dämmerung ihre Laternen in unserem Ende der Straße entlang tragen und dabei lauthals "Laterne, Laterne" singen.
P.S.: Eine kleine Aufgabe für unsere Leser: Woran erkennt man auf dem Foto, dass Jonas und Niklas sich ihre Schuhe selbst angezogen haben?
P.P.S.: So, und was basteln wir als nächstes?
Schwarz-gelb. Nein, wir sind zwar weiterhin interessiert am politischen Geschehen in der alten Heimat, aber es soll in dieser kleinen Episode nicht um die Regierungskoalition in Deutschland gehen.
Vielmehr steht in unserem Garten eine Banksia, eine nur in Australien zu findende knorrige Baumart mit fingerähnlichen Blättern und großen Zapfen. Letztere sind übrigens denen ähnlich, wenn es nicht sogar dieselben sind, die man auf deutschen Weihnachtsmärkten in polierter Version als Staub anziehenden Zierrat für die heimische Kommode kaufen kann. Eine Besonderheit der Banksia ist, dass sie gleichzeitig Zapfen jeglichen Blütestandes tragen kann: flauschige, grüne neben stacheligen alten. Mehrere Generationen Zapfen unter einem (Banksia-)Dach gewissermaßen. Und wie den meisten Pflanzen tut es auch der Banksia gut, wenn man ab und zu alte Zapfen entfernt. Doch dafür haben wir ja unsere Helfer!
In St. Ives, etwa 10 km Luftlinie entfernt, lebt eine Kolonie schwarzer Kakadus. Und ausgerechnet unsere Banksia gehört unter den hunderttausenden Bäumen der Region zu gewissen Zeiten im Jahr zu ihren bevorzugten Futterstellen. Eine Handvoll dieser prächtigen, stolzen Vögel sitzt dann im Baum und macht Kleinholz aus den feineren Ästen und den Zapfen. Die darin enthaltenen Samenkapseln verschwinden in den Kakadus, die Reste im Swimming Pool unter der Banksia — sehr zu Peters Freude ...
Das Erscheinen der schwarzen Kakadus ist immer ein besonderes, da relativ seltenes Ereignis. Schon im Anflug kündigen sie sich durch ihren charakteristischen Schrei an. Schwarze Kakadus, genauer Yellow-tailed Black Cockatoo (Calyptorhynchus funereus), sind mit 55–65cm Länge nochmals größer als ihre schon nicht ganz kleinen weißen Artgenossen (45–55cm), eine stolze, Respekt einflößende Erscheinung — vor allem in Anbetracht ihres kräftigen Schnabels, der mit Leichtigkeit miitelstarke Äste zerkleinert. In diesem Jahr sind wir zufällig zuhause, als sie bei uns "einfallen". Niklas und Jonas holen ihre kleinen (Spielzeug-)Kameras und knipsen wie wild. Das Foto oben kommt aber, zugegeben, aus Papas Spiegelreflex.
Wochenende in The Basin. The Basin ist der einzige offizielle Campingplatz im Ku-ring-gai Chase Nationalpark, der Sydney im Norden begrenzt. Treue Leser unserer Berichte kennen ihn aus vorigen Erzählungen. Wir können uns nicht erinnern, wann wir das letzte Mal hier gewesen waren, aber es muss Jahre her sein, definitiv lange vor Niklas und Jonas Geburt. Nachdem das Camping-Abenteuer mit den beiden im Februar diesen Jahres so geglückt war, planen wir einen Kurzurlaub für ein Wochenende. Claudia schreibt noch Freunde an, und Jenny und Tim mit Kindern Cameron und Logan gesellen sich zu uns.
Nach The Basin kommt man quasi nur über das Wasser. Ja, es gibt einen Wanderweg; aber der ist steil, und nur wenige tragen ihre Ausrüstung zu Fuß hier hin. The Basin liegt nicht an einer Wanderroute; Gäste kommen reinaus für einen Kurzaufenthalt mit "etwas Komfort". Man sieht relativ große Zelte und Kühltaschen. Grill- und Feuerstellen werden vom Betreiber, der Nationalparksverwaltung, zur Verfügung gestellt.
Man kommt also i.d.R. mit dem eigenen Boot oder, wie Peter, Niklas, Jonas, mit der Fähre, die von Sydneys nordöstlichstem Stadtteil Palm Beach übersetzt. Claudia entscheidet sich für ihr Kajak. Zum einen will sie während des Wochenendes weiterhin an ihren Eskimo-Rollen arbeiten, zum anderen dient es als Lastesel. Und so muss Peter "nur" das Zelt und ein paar Schlafsäcke transportieren. Natürlich sind Jonas und Niklas eine große Hilfe ...
Kaum angekommen, läuft uns das erste erwartete (und den Kindern versprochene) Tier vor die Füße: ein Laze Monitor, eine fast 1 1/2 Meter lange Echse, völlig harmlos (wenn man nicht vorgibt ein Baum zu sein, an dem sie ihrem Fluchtinstinkt folgend hoch klettert ...). Und was ist das, auf der anderen Seite der Wiese? Die ersten Wallabies! Das sind quasi kleine Känguruhs, und einige davon tragen ihren Nachwuchs im Beutel mit sich herum. Niklas und Jonas sind beeindruckt.
Neben Tierbeobachtungen wartet das Wochenende mit Sandburgbauen, Planschen und Huckepack auf Mamis Kajak auf. Wir grillen Würstchen und Maiskolben, kaufen Kaffees und Eiscreme vom umgebauten Kaffee-Boot, das die Strände der Bucht abklappert und wie der Eiswagen in Deutschland mit lautem Gebimmel auf sich aufmerksam macht. Und wie toll man zum Plätschern der Wellen einschläft! (Vor allem, wenn man kurz davor mit Jenny und Tim eine Flasche Rotwein geleert hat ...).
Es ist gerade einmal zwei Monatsberichte her, nur eineinhalb Monate, dass wir uns kaum vorstellen konnten, wie das Leben in Sydney jemals den tollen Sommer in Deutschland würde vergessen lassen. Und da ist es plötzlich wieder, das fast vergessene Lebensgefühl in Down Under, wo ein Wochenende Lichtjahre Abstand zwischen uns und den Alltag bringt. Für Fährfahrt und Zeltplatz sind $40 fällig, ungefähr 30 Euros. Wo in der alten Heimat sind zwei Tage Urlaub für eine vierköpfige Familie mit so wenig Aufwand zu haben?
Splash Festival. Haben wir schon mal erwähnt, dass Niklas und Jonas so richtige Wasserratten sind? :-) Wenn sie mal nicht in unserem Pool oder in der Schwimmschule sind, dann fährt Claudia oft mit ihnen nach Homebush Bay ins Schwimmbad der Olympiade 2000. Wochenends ist Peter natürlich auch dabei.
Wer bisher nur deutsche kommunale Hallenbäder kennengelernt hat, der wird staunend und mit offenem Mund durch das Olympic Swimming Centre gehen. Hat man den Eingangsbereich passiert, so führt einen eine breite Brücke durch die Halle. Auf der Linken liegen die Wettkampfanlagen: ein 50m-Becken, der Sprungturm mit -becken. Auf der Rechten ist das "Spaßbad". Auch hier eine 50m-Bahn für Schwimmunterricht oder Aufwärmen an Wettkampftagen. Dahinter mehrere Becken mit Springbrunnen, Strudeln, Eimern, die sich langsam füllen, ehe sie mit Getöse hunderte Liter Wasser auf die darunter Wartenden ausgießen, Rutschbahnen und und und. Die Halle misst gut und gerne 100 auf 70 Meter, und das freudige und aufgeregte Geschrei der Kinder liegt ebenso in der Luft wie Gischt von den diversen Wasserspielen.
Jonas und Niklas lieben insbesondere die Wasserrutschen. Aber wenn Mami oder Papi sie auf den Arm nehmen, dann lassen sie sich auch voller Begeisterung durch den Wasserstrudel treiben oder planschen und tauchen ganz einfach in den flacheren Becken.
Mitte Oktober findet hier das Splash Festival statt, wo auch die Außenanlagen in einen riesigen Spielplatz verwandelt werden. Mit ihren Tickets dürfen unsere beiden Pony reiten, diverse Karussels nutzen, Eisenbahn fahren und viel mehr. Natürlich ist es viel voller als sonst. In der gigantischen Anlage ist es zwar laut, Enge kommt aber nicht auf. Leicht finden wir einen Platz für unser Picknick auf der Wiese, während nebenan die Schlümpfe und Figuren aus dem Film "Ice Age" eine Vorführung geben. Die Hüpfburg ist leider erst ab vier freigegeben. Naja, dann haben wir halt Pläne für's nächste Jahr. Das Face Painting, siehe Foto, entschädigt allemal für diesen entgangenen Spaß.
Halloween. Am Tag, als dieser Monatsbericht live geht, hat Halloween 2011 noch gar nicht stattgefunden. Für Niklas und Jonas ist's aber schon lange Gesprächsthema. Im Supermarkt werden schon in der Woche davor orangefarbene und schwarze Luftballons gekauft. Die Kostüme vom letzten Jahr werden aus dem Schrank geholt und anprobiert. Und als Claudia am Wochenende mit den beiden loszieht, einen Kürbis auszusuchen, stürmt Niklas, während Claudia noch einen Einkaufswagen sucht, schon in den Laden hinein, greift sich von dem Berg aufgetürmter Kürbisse ein Exemplar, und schleppt es nach draußen; die umstehenden Einkäufer haben ein Lachen auf den Lippen. Am Sonntag Abend vor dem Ereignis sitzen wir dann zu viert in der Küche, höhlen den Kürbis aus und ritzen ein Gesicht in ihn hinein. Jonas und Niklas wollen ihn anschließend mit in ihr Zimmer nehmen und bei Kerzenschein direkt daneben einschlafen. Vielleicht erkennt Ihr auf dem Foto rechts noch Jonas Blondschopf und links Niklas. Irgendwie lassen sich die beiden schließlich überzeugen, doch in den Betten zu schlafen. Sie träumen jetzt gerade bestimmt von "trick or treat" und jeder Menge Süßigkeiten ...
Nachtrag: Kaum ist der Bericht live, müssen wir doch noch ein wenig über Halloween 2011 erzählen. Es war, wie im Vorjahr, wieder etwas für Hartgesottene. Wieder finden wir in der direkten Nachbarschaft von Jenny, Tim, Logan und Cameron — wir feiern Halloween wieder mit ihnen — das Hexenhaus mit den Warnschildern, den Spinnen, den Skeletten im Vorgarten. Dieses Jahr stehen Blutsuppe und Augäpfel auf dem Speiseplan. Nur wenige Meter weiter machen wir eine neue Entdeckung: In der Hofeinfahrt hat jemand eine Krankenliege aufgebaut, darunter, von grünen OP-Decken verhüllt, scheinbar ein menschlicher Leib. Nur die Füße schauen hervor. Dahinter steht der Chirurg mit einer Grillzange und fischt für jedes Kind, das sich näher traut, aus einem blutgesäumten Loch in der Mitte des grünen Tuchs Bonbons oder Dauerlutscher heraus. Niklas und Jonas, die mit der Szenerie noch gar nicht viel anfangen können, sind dennoch nicht unbeeindruckt. Die Aussicht auf Süßigkeiten gewinnt aber die Oberhand, und mit Papi als Verstärkung holen sie sich auch hier ihr "Treat" ab.