Dezember 2008

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Ein gaaaaanz großer Schluck!

Zurück auf dem Wasser. Nachdem der November mit dem Gong Ride die Rückkehr Claudias aufs Fahrrad markierte, ist im Dezember Schluss mit einer anderen Durststrecke: der Kajak-freien Zeit. Das erste Mal auf dem Wasser nach 1 1/2 Jahren Abstinenz kommt so überraschend, dass es nicht mal fotographisch festgehalten wird. Stattdessen zeigt nebenstehendes Bild Claudias fast unbenutztes Seekajak (nebst Claudia, die es Eskimo-rollt). Dieses hatte sie im Frühjahr 2007 gekauft, zusammen mit Kevin in penibler Eigenarbeit modifiziert und schliesslich drei, vier Male gepaddelt, ehe die Schwangerschaft der Kajak-Karriere ein Ende bescherte.

Anfang Dezember lädt Peters Kollegin Lisa zu einem vorweihnachtlichen Picknick bei Narrabeen Lagoon ein. Hier hat das Meer einen tiefen Einschnitt ins Hinterland gegraben, der nun je nach Gezeit und Jahreszeit vom Ozean abgeschnitten ist: Eine Lagune hat sich gebildet, ein salzwasserhaltiger See, nur durch eine enge Passage mit dem Meer verbunden oder sogar komplett vom Strand getrennt.

Zum Picknick gesellen sich neben Lisa und einer weiteren Kollegin, Michelle, deren Partner Michael bzw. Tony, Wolfgang mit seinen Kindern Natascha und Jonathan sowie die vier Brownies Irina, Matthias, Maya und Max. Und sie schleppen insgesamt vier Kajaks an! Zwar "nur" Kunststoffboote statt der von Claudia bevorzugten Kevlar-Variante :-) Aber die sind perfekt, um auf diesem ohnehin flachen Gewässer einfach jede Menge Spass zu haben. Es steht schließlich keine gefährliche Überquerung einer Ozeanpassage an.

Claudia leiht sich für eine Stunde ein Kajak von Lisa aus und entschwindet dank noch immer exzellenter Paddeltechnik bald am Horizont Richtung offenes Meer. Dort kann sie heute zwar nicht paddeln — der Zufluss in die Lagune ist momentan versandet —, aber einfach mal wieder auf dem Wasser zu sein ist dennoch befreiend. Sie nimmt sich vor, bald zurückzukehren — dann im eigenen Boot —, sobald Jonas und Niklas nicht mehr gestillt werden müssen.

Alle Hände voll zu tun (oder: Wieviele Erwachsene braucht man, um zwei Babies im Zaum zu halten?)

Brigitte, Heinz und Torsten zu Besuch. Anfang Dezember kommen Claudias Onkel Heinz, seine Frau Brigitte und Sohn Torsten bei uns vorbei. "Kommen vorbei", nicht "kommen zu Besuch". Denn zum einen ist Sydney nicht ihr einziges Urlaubsziel, sondern eine von vielen Stationen auf einer dreimonatigen Reise um die Welt. Und zum anderen werden die drei, wie sie uns kurz nach der Ankunft "gestehen", bereits 2 1/2 Tage später ein Flugzeug Richtung Tasmanien besteigen. 60 Stunden Aufenthalt in Sydney! Schonungslos reiben Claudia und Peter Salz in diese Fehlplanungswunde :-) und listen auf, was man alles tun könnte, wäre mehr Zeit: Kaffee in der Opera Bar, ein Glas Wein im 36. Stockwerk des Shangri-La Hotels, Mittagessen am Fischmarkt, Wandern in den Blue Mountains, Fährefahren nach Manly, Fish & Chips in Watsons Bay, der Spit Bridge-nach-Manly Walk und 1000 andere Dinge. Doch erstaunlich genug, Brigitte, Heinz und Torsten erweisen sich als hervoragende Zeitjongleure und packen viele dieser Aktivitäten in den Kurzbesuch. Und daneben, kaum zu glauben, verbringen sie noch jede Menge Zeit mit Niklas und Jonas, geben Fläschchen, und Heinz reinigt den Pool — wow!

Brigitte, Heinz, Torsten, ihr ward angenehme Gäste, und es gibt noch viel zu tun und zu sehen. Ihr müsst wiederkommen, und dann für länger.

Santa trägt Streifen

Weihnachten bei den Brownies. Kurz vor Weihnachten ist uns überhaupt nicht nach Feiern zumute (siehe dazu unsere letzte Episode weiter unten). Da kommt es wie gerufen, dass unsere lieben Freunde, die Brownies, uns aus diesem Tief herausholen und für Heiligabend einladen. Wie im letzten Jahr tönen wieder Weihnachtslieder aus dem CD-Spieler, leuchtet ein festlich geschmückter (und echter!) Tannenbaum in der Zimmerecke, haben die Kinder rote Wangen vor lauter Aufregung, was da wohl kommen werde. Nur ist dieses Jahr die Runde viel größer: Brownies Freund "Birmel" ist zu Besuch, Vanessa stößt aus Balmain dazu, Wolfgang kommt mit seinen Kindern, und damit es nicht gar zu deutsch wird, komplettiert mit Katherine eine Britin unsere Runde. Nachdem wir gegen 19 Uhr Niklas und Jonas zu "Bett" gebracht haben — der Kinderwagen übernimmt diese Rolle —, bleiben acht Erwachsene und fünf Kinder, die sich um den festlich gedeckten Tisch drängeln. Zuvor allerdings ist Bescherung, und Peter darf die Rolle des Nikolaus übernehmen — das Original steckt noch im notorischen Sydney-Straßenverkehr fest ... Ob sie denn alle lieb waren im letzten Jahr, wird gefragt. Doch egal, was geantwortet wird, jedes Kind bekommt ein Päckchen, und bald darauf ist das Brownysche Wohn- in ein Spielzimmer verwandelt.

Die Australisierung der Brownyschen Weihnacht ist übrigens ein wenig vorangeschritten, wie dem aufmerksamen Beobachter auffällt. War in 2007 noch Ente mit Rotkraut und Knödeln auf dem Speiseplan, so sind's dieses Jahr Lachsröllchen und Krabben-Cocktail gefolgt von einem ganzen Schinken mit diversen Chutneys. Mmh, leeeecker! Wir beschliessen wiederzukommen :-)

Zuhause wartet eine Weihnachtskarte unserer Nachbarn Geoff und Marion auf uns; übersetzt besagt sie in etwa: "Jedes Weihnachtsfest mag mit speziellen Geschenken aufwarten. Doch wieviel Freude wir im Rest des Jahres haben, das hängt von den wertvollen Menschen um uns herum ab, von unserer Familie und Freunden." — schön, die Brownies an Heiligabend und den übrigen 364 Tagen des Jahres zu diesen Menschen zählen zu dürfen.

Typisch Kev: immer für einen Spaß zu haben

Kevin. Am 18. Dezember stirbt Kevin während einer Radtour an einem Herzinfarkt. Sein hyper-moderner Fahrrad-Computer, der neben Geschwindigkeit, Trittfrequenz, Entfernung, Höhenprofil u.v.m. auch den Puls aufzeichnet, wird später belegen, dass Kevins Herz in seinen letzten zwei Stunden selbst auf ebener Strecke mit 220 Schlägen pro Minute schlug. Sandra, die ihn auf der Tour begleitet und von Beruf Krankenschwester ist, macht verzweifelte Wiederbelebungsversuche, nachdem Kevin an einem Anstieg die Schuhe aus den Pedalen ausgeklinkt hatte und einfach vom Rad gefallen war — vergeblich.

Es ist schwer zu beschreiben, was bei solch einer niederschmetternden Nachricht in einem vorgeht. Kevin war unser bester Freund hier in Down Under, sein Name ist viele, viele Male auf dieser Webseite gefallen: Bei Geschichten über's Kajaken, Wandern, Radfahren oder als unermüdlicher Helfer bei unseren Renovierungen. Man hat das vertraute Gesicht vor Augen, erinnert sich an gemeinsame Erlebnisse und projiziert diese in die Zukunft: Dies alles hätte nochmal sein können! Wir hatten doch noch so viele gemeinsame Pläne! Diese werden nun nicht mehr realisiert werden können, und man fühlt sich vom Schicksal betrogen: Warum Kevin? Warum so früh?

Fairerweise müssen wir andererseits eingestehen, wie privilegiert wir waren, Kevin überhaupt gekannt und zu so einem engen Weggefährten gehabt zu haben. Durch ihn haben wir viele wertvolle Freunde kennenlernen dürfen, die uns auch künftig begleiten werden: Seine Frau Sue, die Söhne Simon und Jason, Richard & Barbara, Janet & Paul, Sandra & David u.v.m. — sie alle sind Kevins Vermächtnis. Er würde nun von uns erwarten, dass wir die Dinge, die wir gemeinsam zu machen liebten, auch ohne ihn fortführen und in vollen Zügen geniessen. Und so treffen sich am Wochenende nach seinem Tod Sandra, Richard, Janet, Paul und Peter zu einer Radtour zu Kevins Ehren, und Claudia stößt mit den Jungs zur Kaffeepause hinzu. Trotzdem lässt es sich nicht leugnen, dass Kevins Abwesenheit eine nicht zu schließende Lücke hinterlässt, mit der wir erst noch umzugehen lernen müssen. Kev, Du fehlst uns ganz, ganz arg! "Erst wenn man einen Menschen vergessen hat, ist er richtig tot." — so gesehen wirst Du für viele Menschen immer quicklebendig bleiben.